Karriere mit 39 zu Ende?
Hallo zusammen,
angeregt von dem "Karriere verbockt"-Thread wollte ich mal aufschreiben, was mich Momentan beschäftigt. Ich weiß, es mag aufgrund meiner beruflichen Situation merkwürdig anmuten - quasi wie ein Erste-Welt-Problem. Ich weiß nicht mal, ob ich überhaupt ein Problem habe, ich erwarte zumindest keine Ratschläge. Aber da ich diesem Forum gefühlt seit 15 Jahren folge, ich immer mit viel Interesse gelesen habe und es mir bei meinem Karriereweg sicher auch hilfreich war, dachte ich mir, ich schreibe meine Gedanken für alle Interessierten einmal nieder bzgl. meiner Karriere.
Ich befinde mich in der komischen Situation, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht weiß, was meine nächsten Schritte sind bzw. ob ich überhaupt noch bereit bin, einen weiteren zu gehen. Im Rahmen der Tatsache, dass ich erst 39 bin, fühlt sich das sehr komisch an, quasi als wäre die Karriere zu Ende. Ich bin seit 4 Jahren AL in einem kleinen Konzern (bis 4000 Mitarbeiter), mein Verdienst liegt bei ca. 140.000 p.a. zu 98% fix. Ich bin kein leitender Angestellter gem. Betriebsverfassungsgesetz, bin aufgrund meiner langjährigen Zugehörigkeit und unserer BV quasi unkündbar. Meine Branche ist krisensicher. Ich arbeite maximal 40 Stunden die Woche und habe 35 Urlaubstage. Dazu hab ich aufgrund meiner Rolle alle Freiheiten was Anwesenheit / Home Office und Wahrnehmung von Terminen angeht. Den Großteil der Arbeiten machen die operativen Einheiten unter mir, ich koordiniere quasi nur meine 4 Gruppenleiter und sehe zu, dass alles läuft bzw. greife ein, wenn es zu sehr aus der Bahn gerät. Da ich aber 4 Top-Gruppenleiter unter mir habe, ist das meiste ein Selbstläufer
Das muss sich erstmal für viele wie das Paradies auf Erden anhören und ich muss zugeben, ich bin auch sehr zufrieden bzw. es geht mir gut. Ich habe ausreichend Geld und zudem Zeit für meine Frau und meine beiden Kinder. Wenn ich jetzt 59 wäre würde ich sagen, alles top.
Jetzt ist es aber so, dass ich ein enorm ehrgeiziger und rastloser Mensch bin. Ich wollte immer der Erste und Beste sein. Mein Ziel war es immer weiterzukommen. Stillstand ist der Tod. Ich war der Beste in der Uni und der beste in meinem Job. Hab früh klar gemacht, dass ich vorankommen möchte und Verantwortung übernehmen mag. Und bin auch recht schnell die Leiter hochgekommen. Und das wichtigste: Ich hatte immer einen Plan! Ich kannte immer mein Ziel und habe entsprechend konsequent darauf hingearbeitet.
Nun ist es so, dass ich alle von mir erträumten Ziele (die ich mir zu Beginn der Studienzeit vor ca. 18 Jahren gesteckt habe) erreicht habe. Ich erwische mich manchmal dabei, wie ich darüber nachdenke, ob ich nochmal eine Stufe weiter angreifen soll. Allerdings frage ich mich dann auch, warum? Nur wegen der Kohle oder dem Drang nach noch mehr Macht? Wobei "Macht" in einem Konzern sehr stark reglementiert ist.
Die Ebene meines Chefs verdient bei uns >200 k€, allerdings muss man dazu sagen, dass die Luft dort auch schon relativ dünn wird. Meist befristete Arbeitsverträge, wesentlich höherer Erwartungsdruck, höhere Verantwortung, wesentlich mehr Arbeitszeit, etc. Plus natürlich viel stärkere Konkurrenz um noch viel weniger Stellen. Mein Chef ist nur 10 Jahre älter als ich, wird vermutlich seine Position noch etwas länger besetzen. Mein einziges Fortkommen wäre also in einem anderem Bereich aufsteigen (schwierig) oder das Unternehmen verlassen und extern aufsteigen (risikobehaftet).
Also denke ich mir, bleib doch einfach da wo du bist. Du hast einen Traumjob und ne Menge Knete. Allerdings ist da etwas in mir, was keine Ruhe gibt. Was vorankommen möchte.
Viele werden sagen, nutze die Zeit mit der Familie und schieb ne ruhige Kugel auf deiner Stelle. Aber so ticken Menschen wie ich leider nicht. Der Gedanke, meine Position die nächsten 30 Jahre zu machen ohne weiteres zu erreichen lässt mich wahnsinnig werden.
Ich weiß, viele werden das nicht verstehen können. Ich erwarte wie gesagt auch kein Verständnis für mein "Problem". Wollte ich nur mal loswerden. Vielleicht hat der ein oder andere ja schonmal ähnliches erlebt.
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